Sonntag, 28. Juni 2020

Das Nichts

Nichts war geblieben vom einstigen Glanz. Die bunte Seifenblase war zerplatzt, zersprungen in tausend Stücke, aufgelöst in winzigste Einzelteile, die sich in einer Nebelwand verloren.
Eine graue, gefühllose Suppe, geboren aus schwindender Hoffnung und verlassenem Mut, die alles absorbierte, das Einlass suchte.
Spott und Häme, Mitleid und Hass, all das schluckte die wabernde, dunkle Wand. Freude war in ihr verschwunden, ebenso wie das empfundene Glück längst vergangener Tage.
Der ungebetene Gast würde den Ort verlassen, der nie seine Heimat geworden war, an dem er weder akzeptiert noch gewollt und schon gar nicht gemocht worden war.
Er war nie "verdient" dort gewesen, so wurde das wohl allgemein gesehen. Er hatte sich aufgemacht über den Zaun zu klettern, über den er sonst üblich nur herüber gesehen hatte, auf Gras, das grüner schien, begehrenswerter, verlockender.
Er hatte versucht, auf dieser Wiese sein Stück Land zu finden, ein ganz kleines Fleckchen ja nur. Aber er hatte es nicht behaupten können, war doch der Unterschied zu groß zu denen, die ihr Zuhause für sich allein beanspruchten.
Er war ein Gast geblieben, nie Teil des Ganzen geworden, aus einem Niemandsland gekommen, dahin zurück verbannt, in die Schranken gewiesen, aus dem Paradies verjagt.
Er hatte dem kaum je etwas entgegenzusetzen gehabt. All die Attribute, die es gebraucht hätte, zerfielen zu willenloser Bedeutungslosigkeit. Am Druck zerbrochen, am eigenen Wunschdenken gescheitert.
Übrig blieb nur ein farbloses Nichts, eine hohle und dumpfe Leere. Nicht mal Trauer fand einen Platz in dem Nebel, der sich alles einverleibte. Das Nichts war ein emotionsloser und kalter Ort, der unbarmherzig die mit sich riss, die in seinem Strudel gefangen waren und die der Sog unaufhörlich nach unten zog.
Seltsam entrückt erschien der Blick auf den Rest des Geschehens, Vergangenes verschwand im Nirgendwo, Zukünftiges lag in diffuser Ferne.
Die Gegenwart löste sich aus der Zeit und zerfiel in das Nichts, das sich wie ein steinerner Mantel über Wünsche, Träume und Hoffnungen legte und sie mit bleierner Schwere bedeckte.

Der Gast würde zurückkehren, in das Zuhause, das ihm Heimat war. Dort, wo das Atmen und zu laufen leichter fiel. Wo er sich seinen Platz erkämpfen konnte, wenn die lähmende Stille allmählich nachlässt und der Druck aus dem Vakuum entweicht. Wenn das Träumen wieder erwacht und das Wissen um das, was man hat, wertvoller ist, als das, was woanders begehrlich erscheint und es doch nicht ist.

Vieles wird sich ändern, manches neu sein, manches gewohnt bleiben.
Eins wird sein, wie es immer war und ewig bleiben wird. Und nichts wird das je ändern.

Fortuna Düsseldorf. Meine Liebe, mein Verein.

Montag, 5. November 2018

Plötzlich Herbst


Eigentlich gar nicht so plötzlich, nach gefühlt sechs Monaten Sommer. Tristesse auch auf dem Spielfeld, auch dort nicht so unerwartet, nach 12 Monaten Dauerfeiern.

Schäfer sagt, nur fünf Millionen für Transfers ausgegeben und ist stolz drauf. Mildes Lächeln allerorten, angesichts der Summe, die anderswo der Portokasse entspricht.
Und Entwickeln sagt er. Immer wieder. Spieler entwickeln, Tradition fortsetzen, aus Wenig Viel machen.

Funkel sagt, Entwickeln ist endlich. Aus einem Maulesel kannst Du keinen Lipizzaner machen. Sagt er nicht, meint er aber.

Das Beste hat er schon herausgeholt, belohnt durch Siege und den Aufstieg. Für die Bel Étage ist das Beste aber doch nicht gut genug, das muss man dann wohl einsehen.

So laufen und rennen sie, erst furcht- und angstlos, dann mut- und planlos. Rennen sie nach vorne, knallt es hinten. Stehen sie hinten, herrscht vorne Leere. Am Ende bleibt es zu arg- und ertraglos.

Die Mechanismen greifen nicht und selbst der Königsstorch mutiert zur Lame Duck, dessen herausragendste Eigenschaft sich zur Zeit in seinem etwas, nun ja, eigenwilligen Kleidungsstil manifestiert.

Immerhin können sie Regionalliga. Das ist doch schon mal was. Man fürchtet, es ist wegweisend, dahin, wo viele sie gern hätten. Durchgereicht, aussortiert, möglichst nach ganz weit unten.

Man hätte es ja wissen können, das letze Mal ganz oben ist ja erst fünf Jahre her. Lehren ziehen, besser machen, Änderungen umsetzen.

Nein, da ist man stur, es bleibt beim Konzept des Mini-Max-Prinzips, ökonomisch wertvoll, spielerisch der Offenbarungseid.

Ein bisschen leid können sie einem tun, wenn man sie an ihr Limit gehen sieht, stets bemüht, mit Kampf und Herz gegen die Übermacht anzustürmen. Bis irgendwann die Arme und die Köpfe hängen, die kleinsten Fehler gnadenlos bestraft werden, der Lohn die leeren Hände sind.

Man ahnt es schon, dem Trainer wird es angelastet werden, einer muss ja büßen, die Schuld auf sich nehmen. Natürlich ist es er allein, der es nicht schafft, die Sieger des Unterhauses stabil im Oberhaus zu platzieren. Auf Biegen und Brechen soll er es vollbringen, die hungrigen Jungen und rüstigen Alten auf das höchste Niveau zu hieven. Nur kosten, was es wolle, darf es nicht.

Das Wunder soll her, den Kleinstetat zu etablieren, umringt von Branchenriesen, die spielerische Klasse shoppen, wenn das Erreichen des Ziels gefährdet ist. Die Landeshauptstadt aber, die bleibt trotzig wie ein kleines Kind, beharrt auf gesetzte Prinzipien und mault mit vorgeschobener Unterlippe, wenn das nicht zum Erfolg führt, während sie die Schnäppchenjagd weiterhin zur brotlosen Kunstform erhebt.

Schuldenfrei in Liga Zwei, das ist der Gedanke, der sich aufdrängt, bei aller Geduld, mit der man es Woche für Woche erträgt und dabei zusieht, wie das hehre Ziel wie ein Kartenhaus zusammenbricht.

Heribert sagt, im Mai werden sie den Trainer auf Händen tragen und ihm Rosenblätter streuen, im November werden sie ihn mit Schimpf und Schande vom Hof jagen. Es könnte durchaus so sein, mit variablem Zeitfenster. Heribert knows best.

Und dann? Ein neuer Fußballlehrer, ein neues Konzept mit frischen Impulsen, die alten Probleme. Die unmögliche Aufgabe, aus einem Klumpen Lehm Gold zu machen. Man könnte den Erfinder des Post-its fragen, wie das geht.
Fußball ist ein Geschäft, aber doch auch ein Sport, der davon abhängt, wie die Menschen agieren, auf und neben dem Platz.
Des Trainers Stuhl ist ein Schleudersitz, ein Heilsbringer noch nicht erfunden. Neue Besen kehren gut und wirbeln dann doch nur alten Staub auf.

Der dritte selbstverschuldete Handelfmeter im dritten Spiel von drei verschiedenen Spielern hintereinander, der den Anfang vom Ende einleitet. Das ist beinahe lustig, wenn es nicht so traurig wäre.
Danach kann man zuschauen, wie sie sich selbst demontieren, den Faden verlieren, sich irgendwann ergeben. Dann bleibt nur das Gefühl, dass wieder alles umsonst war. Die Motivation verpufft und macht der inneren Leere platz.

Die Pfiffe schenkt man sich, klatscht trotz allem artig und honoriert die Bemühungen, denn der Unmut träfe die Falschen. Einigen Wenigen möchte man mangelnde Einstellung vorwerfen, aber das mag auch ein subjektiver Eindruck sein, untermauert vom allgemeinen Desaster und der herrschenden Ratlosigkeit.

Gebetsmühlenartig wird Entwicklung gefordert, die findet auch statt, nur eben nicht in die Richtung, die man gerne hätte.
Stattdessen feiert man neue Mitgliederrekorde, ummalt von Smilies mit verliebten Herzchenaugen. Das ist toll, wirklich. Ob man irgendwann einräumen muss „ach nee doch nicht“ und dass das Ganze nur der temporären Erstligazugehörigkeit oder vielleicht dem einfacheren Prozedere des Kartenkaufs für so genannte Top-Partien  geschuldet ist, seis drum. Es beschert einen bescheidenen Geldsegen, der sorgsam in die Matratze eingenäht wird. Für magere Zeiten. Nicht jetzt, man ist schließlich derzeit on top. Zwar ganz unten im Oben, aber wer hinterfragt das schon so genau.

Die Leute sind ja immer unzufrieden, egal, wo man steht. Karma ist eh ne Bitch und die Göttin hat Dauerlaune, das kennt man doch. Man singt mit Inbrunst „Wir sind wieder da“, vielleicht ja dann auch nächstes Jahr in Liga Zwo.

Noch ist Zeit und der Glaube ungebrochen. Man kann ja auch immer hoffen, dass sich Andere, mit Verlaub, noch dümmer anstellen als man selbst. Ob das ein tragfähiges Gerüst ist, darf aber bezweifelt werden.

Ob nun  in Zukunft Schalke oder Sandhausen, ob Bayern oder Bielefeld, das wird man sehen. Hauptsache, Fortuna. Wir gehen dahin, weils unser Verein ist. Der Gegner ist sekundär, die Liebe ligalos.

Und sollte sich der Fahrstuhl abwärts bewegen, ja dann ist das halt so. Dann wird ein bisschen geheult und geschimpft und der Konjunktiv überstrapaziert. Und danach stehen wir wieder im Stadion und feiern unsere Göttin, als sei nie was gewesen.




Fortuna Düsseldorf. Meine Liebe, mein Verein.

Sonntag, 26. August 2018

Champagner und Leberwurst


Da war er also wieder, der Neu-Immer-Mal-Wieder-Bundesligist. Der, der sogar Tugenden der vergangenen Saison in die neue rettete, indem er nach Gegentoren auf- statt abdrehte, sich stetig steigerte und nach anfänglicher Nervosität tatsächlich eine insgesamt ordentliche Partie ablieferte.

Der Düsseldorfer Fußball-Platzhirsch mühte sich redlich in der neu gewandeten (Glücks)Spielarena und immerhin gut vierzigtausend geneigte Zuschauer zeigten Interesse, das Match live zu verfolgen.
Nach Begutachtung der ersten zwanzig Minuten fühlte man sich durchaus in seinen Erwartungen bestätigt, dass auf Aufstiegseuphorie und beste Vorsätze meist debakelige Spielpraxis folgt.
Dass man mit Zweitliga-Stärken, die sich aus technischen Mängeln, wettgemacht mit herzerfüllter und Zweikampf-körperbetonter Leidenschaft zusammensetzt, dem Gegner tapfer die Stirn bietet, dem erwartbar stärkeren und überlegenen Stamm- Bundesligisten, der vielleicht seinrseits den leisen Gedanken hegte, dass Punkte gegen einen frisch gebackenen Aufsteiger doch eigentlich recht günstig abgreifbar sein könnten.

Ein bisschen knatschig war ich schon, dass der Funkel Friedhelm das neue, eigens geholte Rechts-Außen-Vorlage-und-Super-Duper-Angriffspersonal in Person von Dodi und dem Storchenvogel bis nach der 75. auf der Bank platzierte und die es dann nach ihrer (zu?) späten Einwechslung auch leider nicht mehr schafften, den bis dahin bereits entstandenen Rückstand auszugleichen oder gar zu drehen.

Das Zünglein an der Waage war wohl Benitos Liege-Einlage, in der Bewertung irgendwo zwischen rüdestem Foul seit Menschengedenken und dem leicht überdramatischen (und Raman-typischen) Versuch, das Geschehen zugunsten des Heimteams zu beeinflussen,  denn wäre es umgehend als Ersteres eingestuft worden, dann hätte man die Situation abpfeifen und dem Geschädigten einen Freistoß zusprechen müssen, der vermutlich nicht das direkt anschließende Gegentor zur Folge gehabt hätte, dass die Eingangstür zum abschließenden Drehen des Spielstands auf Seiten des Gastes geöffnet hatte.

Dann hätte man natürlich einen aus dem Freistoß resultierenden Angriff auf des Gegners Schlussmann Giefer (ja, DER Giefer!) starten können, der mit an absolute Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in eine zwei Tore Unterschied ausmachende Führung geendet hätte, die dem dadurch entstandenen Selbstvertrauen der Düsseldorfer den Weg zum Auftaktheimsieg geebnet hätte, der dem gesamten Bemühen der Leistung natürlich folgerichtig vollkommen angemessen gewesen wäre.

Hätte, hätte, Hauptsache Italien.

Für Hätte kann man sich leider nichts kaufen und so fügt man sich dem Lauf der Dinge, wie er nun mal ist.

Der an harten Liga-Alltag und an Bäder in Leid und Kummer gewohnte Fortune neigt im Allgemeinen nicht zu unentspannten Pfiffen bei Ergebnissen, die nicht in den rot-weiss-rosigen Bereich fallen und somit wird das eigene Team eben allein für die Tatsache frenetisch bejubelt, dass man nun im Oberhaus mitmischt, so gut man kann und dass man, um das zu erreichen, ein Jahr lang allen Widrigkeiten der Zweiten Liga getrotzt und für das Glück zum Erfolg Staub, Matsch und Gegenwind gefressen hat.

Den ersten Pflichtspiel-Triumph in Form eines Sieges in der ersten Runde des DFB Pokals kann einem auch keiner mehr nehmen, das war zwar „nur“ ein Oberligist, aber auch der muss schließlich erst einmal besiegt werden und das ist wahrlich keine Selbstverständlichkeit, ich sag nur Gütersloh.
Aber es gibt ja keine Kleinen mehr, ja, so ist das.

Währenddessen wird die Flingeraner Heimat derzeit ordentlich aufgerüscht, für das pompöse neue Leistungszentrum am Broich muss dann eben mal ein kleinerer Verein ersatzlos sein Gelände hergeben, wo gehobelt, da fallen halt Späne und im heilig Fortuna Land hat ja auch niemand Anderes einfach so zu kicken, wo kämen wir denn da hin?!

Die Düsseldorfer rüsten sich und auf für den Traum, sich mittelfristig im Mittelfeld der Bel Étage zu etablieren. Der Klassenerhalt ist die oberste Maxime, ganz klar. Der Verein positioniert sich auf dem schmalen Grat zwischen Cayenne, Q5 und Ente Cabrio, zwischen Champagner und Leberwurst, ohne die Heimat, das Volkstum und die ehemals dörfliche Arbeiterklasse zu verleugnen.  Das Herz der Fortuna schlägt noch immer in der Geburtsstätte, dem altehrwürdigen Paul-Janes-Stadion und nicht in der sponsorenbeflaggten Arena mit wechselnden Namen und Farben.

Wer gucken will, wie die Fortuna kickt, der geht nach Stockum, wer fühlen will, wie die Fortuna tickt, der kommt nach Flingern.

So harren wir denn nun gespannt der Dinge, die da kommen werden. Ein aufregendes Jahr wartet auf uns, ein weiteres wäre natürlich von Herzen willkommen.
Am Ende bleibt die Liebe zu Fortuna liga- und bedingungslos, sie ist unser Verein und das bleibt sie auch, egal ob es nun rauf oder runter geht. Man hat hier mit den Jahren gelernt, alles mit einem gewissen stoischen Gleichmut hinzunehmen.

Aber vielleicht ist ja jetzt die Zeit, in der das Wünschen wieder hilft. Man kann nie wissen.



Fortuna Düsseldorf. Meine Liebe, mein Verein.

Dienstag, 26. September 2017

Mein Block


Warste auswärts?
Nee, Du?
Nee, is mir zu stressig, ewig durch die Gegend jückeln und meistens für nix und wieder nix.
Jo. Aber letztens haben wir doch echt noch was geholt. Hätt ich nie gedacht.
Mir auch schleierhaft, wie die das gemacht haben. Aber geil.
Geil, jo.

Die Aufstellung is ja schon wieder kacke, ne? Was der Trainer da immer macht, ich verstehs nicht.
Ist doch wichtig, grad defensiv, haste ja gesehen.
Mir egal. Die sollen Tore machen. Und nix anderes. Aber treffen die ja nicht, nicht mal, wenns leer ist. So dämlich musste erstmal sein.
Jo, aber echt. Voll blöd. Wofür sind die Stürmer, wenn die nix können? Können se ja auch in der Mitte rumeiern, oder wo auch immer. Wos halt nicht so auffällt. Sind ja noch genug andere da.
Jo, haha.

Guck mal, haste den Diagonalpass gesehen? Ganz feines Füßchen hat der. Hab ich ja schon gesehen, als der noch bei der Zwoten war. Rohdiamant, sag ich Dir.
Jo, aber da stand gar kein Abnehmer. Die decken den Raum da hinten gar nicht ab. Soweit denken is ja auch schwer. Antizipieren, das kann doch da keiner.
Anti was? Ach so. Find ich gut, dagegen.
Was wogegen?
Na, dagegen zu sein. Ist immer gut, wegen des Gleichgewichts.
Welches Gleichgewicht?
Na, zwischen Verein und Fans und so.
Ach so, jo.

Mann, der Typ da oben nervt mich.
Welcher?
Na, der da oben mit der Pizza, der da nur am rumbrüllen ist. Weißte, futtert den ganzen Tag, aber weiß immer alles besser. Das sind mir ja die Liebsten.
Jo, voll nervig.
Jo.
Bier is alle, holste ma neu?
Klar.

Wenn ich schon wieder seh, wie lahmarschig die da rumkriechen. Meine Omma kann schneller rennen.
Isso, Minimum.
Jo, aber denen kanns ja egal sein, Hauptsache, der Gehaltsscheck kommt pünktlich. Scheiß Söldner da alle. Können alle abhauen, meinetwegen.
Außer Axel.
Jo, außer Axel.

Meine Fresse, was machen die eigentlich den ganzen Tag? Guck Dir nur mal die Ecke an. Oder den Freistoss vorhin, voll daneben. Seit Jahr und Tach sag ich, Standards üben. Aber auf mich hört ja nie einer. Ruhig immer weiter so mit dem Mist, macht mal. Könnt ich mich schon wieder aufregen. Was trainieren die denn?
Nix, die ham morgen frei.
Was frei? Die sind wohl bekloppt. Wenn ich der Trainer  wär, die würd ich mir Tag und Nacht ranholen, immer schön die Arenatreppen rauf und runter, mit dreißig Kilo Rucksack aufm Rücken.
Der hat doch keine Ahnung, siehste doch schon an der Aufstellung.
Ach ja. Was ein Dreck.
Jo.

Alter, guck mal, was ein Tor.
Kein Tor.
Wieso kein Tor?
Na, abseits.
Was Abseits? Nie und nimmer, hat doch jeder gesehen. Dafür machense doch die Linien in den Rasen. Eben damit das jeder sehen kann. Nur der Lappen, ders sehen muss, kriegts nicht mit. Nennt sich aber Linienrichter, haha.
Wie der schon dasteht, so breitbeinig und wichtigtuerisch. Hat der sich bestimmt bei Ronaldo abgeguckt.
Vielleicht wollte der mal Ronaldo werden, hat aber nicht ganz gereicht.
Hahaha, jo.

Sie sind doch eh alle nicht mehr ganz normal, die Schiris, sponsored by DFB. Machen was se wollen. Und machen uns alles kaputt. Kack Anstosszeit und so, was meinste, bei wem Du Dich da bedanken kannst.
Jo, und die Schiris sind immer voll parteiisch. Jedesmal, ne?
Jo, eben, Unserer, glasklar Ball gespielt, kriegt der dafür Gelb. Was kann der dafür, wenn der Andere so schnell umfällt?
Nix.
Eben. Aber das Gleiche auf der anderen Seite, klar, da gibts nix. Die können foulen und rumliegen wie se wollen, Schiri lässt laufen. Ist doch nicht normal.
Jo, voll unfair.
Wie im Fernsehen, ne? Die da kommentieren, die sind immer für die Anderen. Musste mal drauf achten, neunzig Minuten Abgesang auf die, als wären wir gar nicht da. Ist doch scheiße, sowas.
Jo, mega ätzend.
Und stell Dir mal vor, die steigen auf. Das will doch wohl keiner. Lächerlich da, mit den paar Männekes da drüben. Sowas nennen die Gästeblock, ich glaubs ja wohl.
Jo, voll albern.

Ich krieg hier echt schon wieder die Krise, wenn ich diese Ballannahmen sehe. Guckste mal Barca oder Bale, als hätten die n Magnet im Schuh. Aber sowas kann hier natürlich mal wieder keiner. Ist ja auch klar, wir kriegen ja immer nur das letzte Zeug vom Grabbeltisch, das sonst keiner will.
Genau, wären die so toll, hättense die ja wohl selbst behalten.
Genau. Und was son bisschen geradeaus laufen kann, das nehmense uns nachher wieder weg. Wie bei dem Einen da, der letztens wieder aufgestiegen ist. Jedesmal heult der rum, weil sie ihm am Ende die Bude leerplündern.
Wie bei uns.
Jo, wie bei uns. Und die Leihen, die kannste nachher nicht kaufen, weil die Ärsche den zu teuer machen. Und statt dass sie den dann selbst behalten, wird der gleich für fett Geld weiterverhökert.
Macht doch alles keinen Spaß.
Nee, nicht wirklich.
Geh mal Bier holen.
Klar.

Die Ultras, ne, die regen mich auch auf.  Die singen immer so ne Scheiße, ey. Wie eben, irgendwas mit Auswärtssieg.
Aber wir sind doch zuhause.
Sag ich doch. Immer total am Thema vorbei. Und neulich hab ich die gesehen, am Bus, morgens um sechs, schon mit ner Kanne in der Hand.
Die wollten auswärts, ne?
Jo klar, aber morgens schon saufen? Kein Wunder, dass die nachmittags nicht mehr wissen, in welchem Stadion die stehen.
Haha, jo.

Gott, das Mittelfeld kannste ja auch vergessen.
Wieso?
Machen die da Tiki-Taka, son Blödsinn. Klappt doch eh nicht.
Machen das nicht immer die Spanier?
Jo.
Haben wir denn Spanier?
Nee.
Achso.
Siehste.
Jo.

Aufsteigen wär ja auch mal wieder geil. Kommt auch Geld in die Kasse. Und gegen Bayern und so.
Ach scheiße, da kriegen wir doch nur wieder dauernd auf die Fresse, so toll ist das ja auch nicht.
Jo, stimmt. Und schon mal gar nicht mit dem Zeuch, das sich bei uns Kader nennt.
Wird bestimmt wieder so ne Kacksaison wie immer.
Jo, immer dasselbe, jedes Jahr voll zum Kotzen.

Kommste nächstes Heimspiel?
Klar, geilster Club der Welt und so.
Sowieso!



Fortuna Düsseldorf. Meine Liebe, mein Verein.

Samstag, 30. April 2016

Der Weg


Dunkel lag er vor mir, schmutzig, braun, aufgeweicht vom Regen. Dunkel wie der Himmel, der graue Wolken barg und sich tief herab wölbte.
Ich starrte auf den Boden, lief mechanisch durch die Pfützen, der Schlamm spritzte auf meine Schuhe. Tropfen rannen über mein Gesicht.
Hunderte Menschen umgaben mich, liefen neben, vor und hinter mir und dennoch war ich ganz allein, zu müde, um zu fühlen.
Müde, anderen zu gratulieren und währenddessen dem eigenen Untergang zuzusehen. Müde, Spott und Häme ob des Versagens über mich ergehen lassen zu müssen.
Ich hörte zwei Mädchen in blauen Farben singen, ihre Freude legte sich wie eine eisige, klamme Hand um mein Herz.
In mir war nichts mehr, die Leere ließ keinen Platz für Hoffnung. Jegliche Regung hatte sich in dumpfe Kälte gewandelt.
Der Weg wand sich endlos, seine Trostlosigkeit schien wie ein Spiegelbild meiner Seele, bar jeglicher Freude und Leichtigkeit.
Der Mut hatte mich verlassen.
Inmitten des Menschenmeeres bewegte ich mich wie in einer Blase. Es gab nichts, was ich noch hätte teilen können. Gejubelt wurde längst auf anderen Plätzen und auch des Rechnens war ich müde. Der Drang, die Welt zu umarmen, lag brach. Der Kopf steinern, die Glieder bleiern, die Schwere der Vergangenheit und die Ungewissheit der Zukunft lastete auf ihnen.
Selbst wenn die Rettung in letzter Minute noch gelänge, die stumpfe Hilflosigkeit bliebe.

So ging ich denn meinen Weg, gefangen im Kosmos aus Schatten in grau. Die helle Welt des rot-weißen Glücks lag irgendwo verborgen. Mir fehlte die Kraft um hochzusehen und danach zu suchen. Die Liebe, die ich in mir trug, lag klein und verletzlich da, schutzlos ausgeliefert, wehrlos und ängstlich. Sie ergab sich angesichts der tonnenschweren Bürde, die sie erdrückte.
Nur die Füße trugen mich noch, verrichteten ihren automatischen Dienst, brauchten weder Gedanken noch Entscheidungen, fragten nicht nach der Richtung. Sie fügten sich dem Unvermeidlichen, erduldeten still ihr Schicksal.

Es wird wohl eine Weile dauern, bis alle Fragmente wieder zu einem Ganzen zusammenwachsen. Bis Kopf, Herz und Geist eine Einheit bilden, die gewappnet und stark unbeirrt jedem Unbill entgegentritt. Wie lang der Weg sein wird, der dorthin führt, das weiß ich nicht. Ich gehe ihn Schritt für Schritt, so einsam und furchterregend er auch sein mag.

Vielleicht wächst irgendwo am Ende des Wegs ein zartes Pflänzchen der Hoffnung. Und vielleicht vermag ich es zu entdecken. Irgendwann.



Fortuna Düsseldorf. Meine Liebe, mein Verein.

Montag, 21. März 2016

Sieben

Sieben Mal siegen. Ganz einfach.


Nee, nochmal von vorn..

Manchmal denkst Du, die haben den Knall noch nicht gehört. Dann wieder sitzt Du da und kannst Dein Glück kaum fassen. Bäämm, ein Hauen, Stechen, Jagen und Gewinnen. Mitten in aller trostlosen Hoffnungslosigkeit. Die ganze Stadt ist auf den Beinen und schreit: Ja, ja, wir werden es schaffen!

Ein Mann, der kam, um zu retten, was noch zu retten ist. Der achte, ders versucht, denn sieben verzweifelten daran. Acht muss er machen, eins hat er schon. Und was für eins!

Noch sieben. So wenig und doch so viel. Eins ist keins, wenn er die anderen nicht schafft. Möchte nicht mit ihm tauschen.

Sieben Tore hats gegeben. In einem Spiel! Davon sechs Stück durch Fortunen, einmal Ex, einmal Eigen. Fünfstück wars egal, solange: Immer einmal mehr wie Du.

Hat geklappt, bloß andersrum. Fortuna mit Fortune? Gibts doch gar nicht, kann nicht sein. Und doch.

Axel sagt: Guckt doch mal nach oben, nicht nur nach hinten. Schwierig, wenn der Kopf immer nach unten hängt. Wenn Du trotzdem stolz und voller Liebe bist, Dich aber jeder fragt: Wieso eigentlich?

Nur noch sieben. Sieben mal Herzklopfen. Zittern. Sieben mal neunzig Minuten die zweifelnde Frage: Wird es reichen?

Sieben mal sichere Punkte im Sack, sowas suchen wir selten mit Erfolg. Wenn eins von acht von selbigem gekrönt ist, dann glaubt Dir keiner, wie unendlich dankbar Du allein schon dafür bist.

Gibst Kredit, jedesmal aufs Neue, zwischen Resignation, Bangen und Hoffen. Siehst zu, wie alte Herren um ihr Leben rennen, junge überflügeln, das letzte Quentchen Kraft aus sich herausquetschen, alles geben, was zwei Beine und eine Lunge vermögen. Es haut Dich von den Socken, das hat man nämlich lange nicht gesehen. Möchtest schreien, lachen, toben, rennst mit im Kopf, reißt die Arme hoch, singst und peitschst sie nach vorne ,weiter, immer weiter, ja, ja, jaaaa! Dein Herz hämmert bis zum Hals, alterst in sieben Minuten glatte siebzig Jahre, das ist Dir scheißegal, sieben mal soviel würdest Du dafür geben, sie siegen zu sehen.

Komm mal runter, Sportsfreund, kennst Deinen Verein. Hast so oft drei Punkte teuer bezahlt mit endlosen Wochen des Siechtums. Ihr wisst schon, sieben Tage Regenwetter.

Noch sieben Päckchen sind zu öffnen, manchmal ist nur heiße Luft drin, zuweilen aber auch güldene Momente des Glücks.

Wer weiß, wo wir am Ende stehen. Womöglich knallen die Korken, wenn das Gemüt überschäumt. Oder Hände und Augen sind leer beim Blick auf eine gnadenlose Tabelle.

Aber eins weiß ich gewiss: Ich werde sieben mal gespürt haben, dass ich lebe. Mit ganzer Kraft und aus vollem Herzen!



Fortuna Düsseldorf. Meine Liebe, mein Verein.


Freitag, 27. November 2015

Mein stolzes Mädchen


Wo bist Du nur, mein stolzes Mädchen? Das Herz verkümmert, die Seele verkauft, den Kopf längst verloren. Die, die Dich so liebten, weinen leergebrannte Tränen.
Mein altes Mädchen, Du machst mir solchen Kummer. Ich seh Dich an, blass und farblos stehst Du da, einst erfüllt von Tradition, nur noch ein Schatten Deiner selbst. Verkümmert, brach verweilst Du in der Starre, bewegst Dich nicht, verlierst Dich in der Leere. "Nur Mut!", das denk ich jedesmal und kann doch selber keinen finden. Denk, Du regst Dich, bäumst Dich auf. Und bist doch nur hilflos.
Die Dich ausmachten, sind fort. Du ließest sie ziehen, Dein Herz nahmen sie mit. Kein Leben ist mehr in der Hülle, kein Fluß regt sich in Deinen Nervenbahnen. 
Mein armes Mädchen, Du musst Dich schütteln und besinnen, Dich Deiner Werte erinnern. Musst lodern vor Leidenschaft, musst emporsteigen aus dem Trümmerhaufen oder wirst untergehen mit Mann und Maus.
Mein trauriges Mädchen, gib Dich nicht auf. Denk daran, wie schön es einst war. Als Du lachtest, unbekümmert Deines Weges gingst und strotztest vor purer Lebenslust.
Mein kleines Mädchen, Du fehlst mir so. Komm, steh auf und zeig was Du kannst. Streck den Kopf nach oben und erheb Dich. Hab keine Angst, Du bist nicht allein. Ich geh mit Dir und lass Dich nicht los.
Kämpf, mein stolzes Mädchen. Für Dich. Und ein bisschen auch für mich.


Fortuna Düsseldorf. Meine Liebe, mein Verein.