Donnerstag, 21. August 2014

Pokal? Egal!

Ein erwartungsfroher Tag war angebrochen. Seit Wochen geplant und freudig herbeigesehnt, war es endlich soweit, meine Fortuna machte sich auf zum DFB Pokal-Erstrundenspiel. 


Der Weg führte nach Würzburg, die dort beheimateten Kickers baten zum Tanz. Mulmige Vorahnung ob des desolaten Ausscheidens im Vorjahr gegen den westfälischen Regionalligisten Rheda-Wiedenbrück unterdrückte ich zunächst einigermaßen erfolgreich. Mein Verein hatte den Ligastart zwar nicht bravourös absolviert, sich aber punktuell mittels Transfers positiv verstärkt, der Wunschtrainer hielt das Heft in der Hand und der Credit, den man sich im letzten Drittel der vergangenen Saison erarbeitet hatte, schwang noch immer mit und untermauerte die positive Erwartungshaltung.

Der besondere Anlass gebot, dass man ihn entsprechend würdigte.  Das ließ im Umkehrschluss nur eines zu, der #tpdus, genau genommen die #f95 #Hoolinetten begaben sich on Tour! Der Großraumwagen, mit Münchner Kennzeichen versehen, das im Nachhinein vielleicht sogar zum Vorteil gereichte, war gechartert, der Treffpunkt in Flingern - wo sonst! - war erkoren und auf ging's.

Dem Süden entgegen, prächtiger Stimmung, Fortuna Fanlieder singend, verbrachten wir einen wunderbaren Morgen, erfüllt von stimmungsfroher Laune und gespannter Erwartung. Allerlei Köstlichkeiten versüßten uns die beträchtliche Fahrtzeit. An dieser Stelle müssen die mit viel Liebe und aufwändiger Arbeit für uns alle zubereiteten und bereitgestellten, in mundgerechte Häppchen geformten und unglaublich köstlichen Hackbällchen, kurz "saulecka Frickos" der wunderbaren @badrulbudur unbedingt Erwähnung finden! Nochmals von Herzen meinen Dank dafür!

Auch sonst ließen sich die Hoolinetten nicht lumpen, Süßes bis Herzhaftes füllte den Magen, die Bierauswahl war opulent und, wenn schon, denn schon, durften auch ein oder zwei "Krumme"( Düsseldorfer Kirschschnaps, Amn. d. Red.) nicht fehlen, den @Heynoon beisteuerte und das Arrangement damit komplettierte.

Die herzensgute @kuhmania ertrug das Feiervolk im Wagen stoisch gelassen und trat beharrlich aufs Pedal, um uns sicher und rechtzeitig zum Anpfiff in die Arena der Kickers zu geleiten. 

Das durchaus hübsche, mittelalterliche Flair Würzburgs außer acht lassend, machten wir uns auf den steinigen,  beschwerlich bergigen Weg, die Arena zu erreichen, ignorierend, dass uns die freundlichen,  bestimmenden Ordner rundherum zu einem anderen Eingang dirigierten, welcher nur erreichbar war, indem wir uns, von Kopf bis Fuss als Fortunen erkennbar, den Weg durch die gegnerische Anhängerschar bahnen mussten. 
Die Unterfranken beäugten uns misstrauisch, ließen uns aber unseres Weges ziehen und somit fanden wir endlich auf der Gegengeraden unseren Platz. 

Eigentlich war alles gut. 

Wir standen in der warmen Sonne, unsere Jungs liefen auf und es konnte nur ein Fest werden. Das kleine, feine Stadion der Kickers war reichlich gefüllt, wechselnder Gesang schallte über den Rasen, unser Gegenüber zeigte eine schöne, nahezu perfekte Choreo und unsere Fahnen wehten im leichten Wind. Die rechtsseitige Bahnhofsuhr schlug im Takt, es konnte losgehen.

Leider zeigte die Diva dann das, was sie am besten konnte. Ihre verrückten Launen. Ganze hundertzwanzig Minuten lang, zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Zwischen Bangen und Hoffen. Wunderbare Tore - "Pinto? Freistöße kanna!" - , aber auch gewohnt eklatante Schwächen. Einen aufopferungsvoll kämpfenden Viertligisten, dem es am Herzen lag, den zwei Klassen über ihm Rangierenden zu bezwingen. Am Ende gelang es ihm, zu Recht. Unsere Jungs taten sich mit ihm schwer, noch viel mehr standen sie sich selbst im Weg. Wie so oft. Mangelnde Spielkunst wurde mit roten Karten kompensiert. 

Da waren wir wieder. Zurückversetzt um ein Jahr, nach Gütersloh, auch damals stolz angereist, unsere Fortunen siegen zu sehen, um eines Besseren belehrt nach Hause zu fahren.

Wir gaben uns geschlagen und traten den Heimweg an, leiser, als wir gekommen waren. Andere hatten es weniger still hingenommen, bereits im Stadion war nach Abfiff die Stimmung gekippt. Ob des erneuten Ausscheidens in Runde Eins ließen einige Rot-Weiße ihrem Unmut freien Lauf, schimpften lautstark, was das Zeug hielt und schickten sich an, den Zaun zu übersteigen, der sie vom Spielfeld trennte. Ur-Fortunen-Bollwerk Axel Bellinghausen stellte sich der aufgeheizten Menge, Neuzugang Sérgio da Silva Pinto stand ihm nach einigem Zögern zur Seite. Behelmte Ordnungshüter gesellten sich zu ihnen, kurzum, der befürchtete ganz große Eklat blieb aus.

Ein 'Highlight' hielt die Heimreise dann doch noch für uns bereit. Unser gefürchteter Ruf war uns wie stets vorausgeeilt. Manch rot-weißer Anhänger hatte sich offenbar befleißigt gefühlt, diesen eindrucksvoll zu untermauern und sich am Vorabend des Pokalspiels in der Würzburger Innenstadt mit kampfwilligen Fans des 1. FC Nürnberg einen offenen Schlagabtausch zu liefern, wie ich später der hiesigen Presse entnehmen konnte. Dieser und und einige andere Vorfälle führten offenbar zu dem Entschluss, die Obrigkeit geballt zu bündeln und rückreisende Fortunen mit massivem Aufgebot daran zu hindern, Tankstellen, Rast- und Parkplätze anzusteuern, die im Gebiet Bayerns und Hessens an der A3 liegen. Fanbusse bekamen polizeiliches Geleit von bis zu 7 Einsatzwagen, aber auch PKWs wurde die Abfahrt von der Autobahn verwehrt. Einen süffisanten Kommentar dazu gab Frankie aka @Hollywood20359 ab. Gekonnt geflankt!

Einen Rastplatz auf halber Stecke durften wir dann doch aufsuchen - dem Münchner Nummernschild sei Dank (?) - , ausgerechnet jenen, dem der Ruf anhaftete, ein durchaus beliebter "Acker" für rivalisierende Fangruppen zu sein. Da hatte es die Einsatzleitung wohl versäumt, umfassend zu recherchieren..
Die verbliebenen Fortunen trösteten sich aber lieber mit dem Nachladen von Sixpacks als mit dem Nachlegen weiterer Schlachten. Und wir zogen unseres Wegs gen Heimat.

Spät am Abend dort angekommen, entließ mich die kleine Fahrgemeinschaft  in eine unwirkliche Stille. Zuhause, die Ereignisse Revue passieren lassend, fand ich mich schließlich mit amtlichen Endergebnis ab.

Resümierend betrachtet hatte ich einen wunderbaren Tag mit meinen Hoolinetten verbracht, an dem der Weg das Ziel gewesen war. Zum Schluss überwog die Freude ob der mit ihnen verbrachten Zeit, auch wenn es unsere Göttin einmal mehr vorgezogen hatte, statt des Glücksgewands das des Schicksals zu tragen.  

Pokal? Egal! Es galt, die Augen nach vorne zu richten, denn neue Aufgaben warteten auf uns. Am Wochenende stand das nächste Heimspiel an und wie immer würden wir unsere Mannschaft zahlreich und lautstark unterstützen. Mit dem Vergessen taten wir uns manchmal schwer, verziehen haben wir ihnen am Ende noch immer!

Was zählte, waren sie und wir würden alles für sie geben, was wir konnten, so, wie wir es immer taten, mit neuem Mut und alter Hoffnung. Denn:



Fussball ist immer noch wichtig


Fortuna Düsseldorf. Meine Liebe, mein Verein.


Samstag, 2. August 2014

Aufbruch


Endlich. Die Sommerpause hatte ihr Ende gefunden. Sie war angefüllt mit manch herrlichem, bunten WM Spiel und mangels Liga- und Vereinsbetrieb nahm ich jedes Spiel mit, das sich zeitlich einrichten ließ. Das bescherte mir Fußball in Dauerschleife bis tief in die Nächte und angesichts des Genusses, sämtliche von mir verehrte Stars auf dem Platz nahezu täglich und wie im Zeitraffer sehen zu können, nahm mir meine anfängliche Skepsis gegenüber einer Veranstaltung, die ich, als Liebhaber der Bundesliga, eher auf der Event-Ebene eingestuft hatte. Vielleicht trug der Umstand dazu bei, dass unsere N11 Runde um Runde überstand, teils bravourös aufspielte und mitnichten in der Vorrunde ausschied, wie ich prognostiziert hatte. Mit Gleichmut nahm ich hin, mich, wie so oft, geirrt zu haben und empfand echte Freude, als feststand, dass die Truppe sich den Titel tatsächlich erarbeitet hatte, auch wenn ich es einigen anderen Teilnehmern ebenfalls gegönnt hätte.

Nichtsdestotrotz vermisste ich meinen Verein. Er fehlte mir so sehr, dass ich beschloss, ihn auf meiner Haut zu verewigen. Ich biss also auf die Zähne und ließ ihn in schwarzer Tinte auf meine Arme eingravieren. Meine Liebe zu ihm überwog sämtliche Gegenargumente und ich empfand Stolz bei dem Gedanken, dass nun äußerlich sichtbar war, was ich im Herzen trug. Ich hatte mich für ihn entschieden und das würde immer so bleiben!

Der Tag, an dem ich unsere Jungs wiedersehen würde, nahte heran. Ich überbrückte die Zeit mit diversen Testspielen. Eines fand im Paul-Janes-Stadion statt. Es steht inmitten des Düsseldorfer Stadtteils Flingern, der Geburtsstätte meines Vereins. Jedes einzelne Mal war es ein besonderes Erlebnis, die Mannschaft dort spielen zu sehen. In diesem kleinen, nackten, puristischen Stadion, dem jeglicher Schnickschnack des modernen Fussballs fehlt. Steinerne Stehplätze rundherum, eine alte, enge Tribüne, von aussen mit Grafittis besprüht, ein Ein-Mann- Rostbratwurst-Grillstand unweit des Eingangs (die Wurst ist übrigens köstlich!), ein manuell ausfahrbarer, aus Plexiglas konstruierter Spielertunnel, der die Tribüne im Unterrang in zwei Hälften zerteilt, wenn er zum Ein- oder Auslass manuell herausgefahren wird, so dass man die Spieler zwar hautnah vor der Nase hat, aber warten muss, um auf die andere Seite zu gelangen, bis er wieder eingefahren wird.
Ein kleines, historisches Stadion. Das Fußball verspricht, wie ich ihn verehre. Welchen ich zuletzt beim Relegationsspiel SV Darmstadt 98 gegen Arminia Bielefeld sah. Geprägt von Kampfeswille und der unbedingten Leidenschaft, es zu wollen. Ohne Superstars, ohne überragende Technik. Einfach nur Fussball im eigentlichen und ursprünglichen Sinn.

Dennoch wartete ich ungeduldig auf den Beginn der Zweiten Bundesliga. Meine Jungs im gewohnten Wohnzimmer. Die Aufregung wuchs wöchentlich, stündlich, minütlich. Ich verbrachte die Zeit an diesem Tag, der endlich kam, damit, mich darauf vorzubereiten, dass man mich freundlicherweise zu einer Radiosendung eingeladen hatte, in der es sich um den Zweitliga Start drehte. Ohnehin schon nervös ob der Aussicht, am Abend nach so langer Zeit wieder heimische Arenaluft zu schnuppern, absolvierte ich die an mich gestellten Fragen in gewohnt unsouveräner Art. Was mir an technischem oder taktischen Verständnis fehlte, kompensierte ich mit meiner Hingabe zu meinem Verein.

Mein Verein. Ich machte mich auf den Weg. Den gewohnten, so lange vermissten. Fuhr die Straßen zur Arena entlang. Nah des Parkplatzes ließ ich mich auf einen unschönen Disput mit einem Gegnerfan ein. Es blieb schlussendlich nur eine Randnotiz. Was ich wollte, waren sie. Meine Jungs. Ich erklomm nach langer Zeit endlich wieder den Platz in meinem Block. Ich sog jede Kleinigkeit in mir auf. Die Arena. Wie sie roch. Wie sie aussah. Wie sie sich anfühlte. Ich blickte auf das geöffnete Dach, über das die Flugzeuge hinweg zogen. Ich sah auf den Rasen. Sah den Unsrigen beim Aufwärmen zu. Hörte die Spieleraufstellung, die Einlaufmusik. 95 olé.. Ich bekam Gänsehaut, so wie immer. Als hätten nicht Monate dazwischen gelegen. Das Warten war wie weggeblasen. Sie waren da, ich war bei ihnen. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl durchströmte mich. Sie waren das, was ich so vermisst hatte. Ich liebte sie so, wie ich sie immer geliebt hatte.

Das Spiel? Geschenkt. Vielleicht nicht der erhoffte Traumstart. Aber es war ein Aufbruch in gute Zeiten, da bin ich mir sicher. Ich sehe eine homogene Mannschaft. Ich sehe Spielfreude. Ich empfinde Teamgeist. Das Lachen miteinander und das "Wir" ist da. Endlich wieder. Wir werden uns finden. Wir werden unseren Weg gehen. Wir sind Fortuna Düsseldorf. Wir können alles!

Fortuna Düsseldorf. Meine Liebe, mein Verein.