Freitag, 27. November 2015

Mein stolzes Mädchen


Wo bist Du nur, mein stolzes Mädchen? Das Herz verkümmert, die Seele verkauft, den Kopf längst verloren. Die, die Dich so liebten, weinen leergebrannte Tränen.
Mein altes Mädchen, Du machst mir solchen Kummer. Ich seh Dich an, blass und farblos stehst Du da, einst erfüllt von Tradition, nur noch ein Schatten Deiner selbst. Verkümmert, brach verweilst Du in der Starre, bewegst Dich nicht, verlierst Dich in der Leere. "Nur Mut!", das denk ich jedesmal und kann doch selber keinen finden. Denk, Du regst Dich, bäumst Dich auf. Und bist doch nur hilflos.
Die Dich ausmachten, sind fort. Du ließest sie ziehen, Dein Herz nahmen sie mit. Kein Leben ist mehr in der Hülle, kein Fluß regt sich in Deinen Nervenbahnen. 
Mein armes Mädchen, Du musst Dich schütteln und besinnen, Dich Deiner Werte erinnern. Musst lodern vor Leidenschaft, musst emporsteigen aus dem Trümmerhaufen oder wirst untergehen mit Mann und Maus.
Mein trauriges Mädchen, gib Dich nicht auf. Denk daran, wie schön es einst war. Als Du lachtest, unbekümmert Deines Weges gingst und strotztest vor purer Lebenslust.
Mein kleines Mädchen, Du fehlst mir so. Komm, steh auf und zeig was Du kannst. Streck den Kopf nach oben und erheb Dich. Hab keine Angst, Du bist nicht allein. Ich geh mit Dir und lass Dich nicht los.
Kämpf, mein stolzes Mädchen. Für Dich. Und ein bisschen auch für mich.


Fortuna Düsseldorf. Meine Liebe, mein Verein.

Montag, 28. September 2015

"So ist sie. Immer gewesen."

Ich machs kurz: Ich lache immer noch. Ernsthaft, selten habe ich mich bei einem Spiel meiner Fortuna dermaßen amüsiert.
Eigentlich bin ich ja fest abonniert auf die Gefühlsklaviatur zwischen Liebe bis zu Selbstaufgabe und Leid, das das Herz zum zerspringen bringt.
Aber gestern ließ ich all diese Stadien der Wallung hinter mir und nahm es mit Humor. Etwas anderes ist kaum noch möglich, es sei denn, man bevorzugt, sich ständig über Fehlpässe, missglückte Ballannahmen, vertane Chancen, ein ungeordnetes Mittelfeld, einen rutschigen Rasen, fehlende Spielübersicht bar jeglicher Zuordnung, oder, oder, oder zu ärgern.
Kann man natürlich machen. Dass der geneigte Zuschauer seinem Unmut mitunter mittels Pfiffen Luft macht, kann ich zum Teil durchaus nachvollziehen.
Vielleicht bin ich einfach zu dumm, um unseren Fußball zu verstehen. Ich suche nach der Form, die man in Bochum kurz hat aufblitzen lassen und weiß daher, sie können das. Also, Fußball spielen. Aber woran liegt es nur, dass sie das so selten abrufen?
Ist die Unruhe auf Führungsebene der Kopf des Fisches, der stinkt und der eine homogene Leistung auf dem Platz verhindert? Was dann passieren kann, die Kölner mögen verzeihen, sah man leidvoll beim effzeh. Es endete im Abstieg.
Noch vor wenigen Wochen ließ ich in einem Interview verlauten, dass ich mich mit diesem Thema (noch) nicht beschäftige. Das hat sich mittlerweile geändert. Es ist noch keine beschlossene Sache, aber durchaus im Bereich des Möglichen. Sicher, die Saison ist noch lang. Oft genug haben wir aber die uns zur Verfügung stehende Zeit nicht nutzen können. Wären bereits in Liga Drei, wenn 2014/15 nicht ein gewisser Oli Reck so viele Punkte in der Hinrunde hat einfahren können, dass es zur Rettung über die Rückrunde reichte. So gerade eben. Leistungsgerecht hätte es eigentlich da schon abwärts gehen müssen.
Das Geschenk einer weiteren Spielzeit in unserer angestammten Liga wird derzeit vertüddelt, vertändelt und vergeben. Auch ein paar gute Momente gegen Freiburg oder Bochum ändern daran nichts.
Wie kann es sein, dass die Ausführung eines simplen Freistoßes in einer durchaus machbaren Torentfernung daran scheitert, dass man es nicht schafft sich dahingehend abzusprechen, wer ihn wann und wie schießt? Und dem Ganzen noch die Krone aufsetzt, indem ein verwaister Ball an der Eckfahne liegt, sich aber 10 Spieler nicht dazu durchringen können, ihn aufs Feld zu bringen, bis ein wutschnaubender Axel losrennt und sich erbarmt?
Derlei Szenen lassen mich rat- und fassungslos zurück. Und so ergibt sich das verzweifelte Lachen, denn das ist an Peinlichkeit und Lächerlichkeit kaum noch zu überbieten.
Tatsächlich wirkt das Spiel der Fortunen auf mich oft hilflos. Erobert man, wenn überhaupt,  erfolgreich einen Ball, weiß man nicht, wohin man ihn spielen soll und verschwendet kostbare Zeit, die für einen schnellen Konter oder Spielaufbau unerlässlich ist. Der Gegner steht sowieso per se besser als man selbst und stellt seine verdammten Füße immer genau dahin, wo eigentlich jene des eigenen Teamkollegen zum Einsatz kommen sollten.
Der 16-Meter-Raum, noch so ein Mysterium. Statt einer aufgemalten Linie könnte da auch eine Betonwand stehen. der Effekt wäre derselbe. Vielleicht sollte man die weiße Abgrenzung grün anmalen, um den Nimbus des Unüberwindbaren zu durchbrechen. Zudem ließe ich mal üben auf Wasserballtore zu schießen. Wer die trifft, trifft womöglich ja auch einen Fußballkasten.
Zugegeben, dies sind Gedanken eines Ahnungslosen. Unserem Trainer traue ich wesentlich mehr fundierten Sachverstand zu. Trotzdem würde ich ihn gerne mal fragen, weshalb die Akteure sich so oft in sinnlosem Stückwerk ergehen. Ich warte eigentlich nur auf die Prügeleien untereinander auf dem Trainingsplatz. Soll ja reinigend wirken. So ein Abstieg übrigens auch. Allen Nachteilen zum Trotz.
Natürlich wünsche ich mir, dass das noch verhindert werden kann. Ich möchte nicht absteigen, das gebe ich ehrlich zu. Ich mag meine Liga und fühl mich da wohl. Normalerweise würde ich auch sagen, dass sie uns leistungstechnisch angemessen ist. Aber derzeit erreichen wir oft nicht mal das Niveau, das dort als Minimum verlangt wird.

Es ist ein Jammer. Zuschauen zu müssen, wie sich die eigene Mannschaft an den Rand des spielerischen Ruins treibt, ist eine Qual. Apropos zuschauen: Selbst den (immerhin) achtbaren Platz unter den ersten Drei der Tabelle des Heim-Zuschauerschnitts haben wir längst verloren. Mickrige 21,7k Fans wohnten der Partie der Fortunen gegen Sandhausen bei, so wenige wie schon lange nicht mehr. Es geht sicht- und spürbar bergab, auf und neben dem Platz.


Dennoch, man hofft. Immer und immer wieder. Dass es irgendwann besser wird. Dass sie Fußball spielen, der Spaß macht. Dass Automatismen greifen. Dass sie sich blind verstehen. Dass einfachste Dinge gelingen.
Meist hofft man vergeblich. Und bleibt trotzdem treu. Denn so ist sie eben, unsere launische Diva.



Fortuna Düsseldorf. Meine Liebe, mein Verein.

Samstag, 19. September 2015

#bocf95 - Ein Spiebericht in 140Z

Aufreger im Vorfeld des Spieltags war natürlich der "Medienpartner der Bundesliga-Lizenznehmer" mit seiner zynischen "Hilfsaktion", zu der er alle Bundesligisten in die "freiwillige" Pflicht nehmen wollte, zum leider überwiegenden Teil erfolgreich. Die Fanszenen waren ligaübergreifend very not amused und drückten das auch überall -wie hier in Bochum - durch Proteste aus.


Das Spiel an sich ließ sich vor lauter Kulisse und ausverkauftem Haus munter und temporeich an. Meine Fortuna hatte sich offenbar viel vorgenommen:


Die beinahe beängstigend gute Leistung der Fortunen warf leise, aber berechtigte Zweifel auf:


So kam es dann auch; wir kennen unseren Verein eben.


Vorwürfe an unsere Jungs waren jedoch nicht zu verzeichnen, mühten sie sich doch redlich und unablässig, den Kasten der Bochumer einzunehmen.  Der aber war in Form des Keepers Luthe gesicherter als Fort Knox. Schuss um Schuss wurde auf die Bochumer Festung geknallt, insgesamt so ungefähr achtzehn Mal - unfassbar viel für unsere Verhältnisse. Aber jeder dieser Versuche scheiterte auf die ein oder andere Art:

Ungläubige Fassungslosigkeit war die Folge:

Eine passende Lösung hatten wir natürlich sofort parat:

Diesen Gefallen mochten uns die Bochumer leider nicht tun, daher brauchten wir Beistand einer höheren Macht:

Das Flehen und Sehnen wurde endlich erhört:


Was lange währt, wird endlich gut. Statt sich auf- und zu ergeben, hatten die Jungs das Kämpferherz mit beiden Händen fest gepackt und in ihrer Anstrengung bis zum buchstäblich letzten Moment nicht nachgelassen. Am Ende haben sie sich mit Ertrag belohnt:

Selbst objektivere Beobachter als ich sahen sich zu positiver Kritik veranlasst:


Wir Fortunen an sich sind ja sehr dankbar. Zur Glückseligkeit braucht es bei uns gar nicht viel. Wir streben weder nach Titeln, noch nach Europa. Wir wollen eine Mannschaft, die aus sich herausholt, was leistungstechnisch möglich ist. Wir verzeihen Fehler und Verluste, wenn der Einsatz und der Wille stimmt. Gibt sie uns ihr Herz, bekommt sie unseres.

Danke, Fortuna. Für ein wunderbares Spiel und die Hoffnung, dass die Saison doch noch schöner wird, als es zu Beginn schien.  Für den Glaube an ein Team mit Kopf und Herz.




Fortuna Düsseldorf. Meine Liebe, mein Verein.

Montag, 31. August 2015

Herzblut, Schweiß und Tränen


Es gibt bestimmt einige Fortunen, die den Glubb nicht leiden können und umgekehrt. So bewiesen letztes Jahr am Abend vor unserem Pokalspiel gegen die Kickers aus Würzburg Anhänger der Fortuna und des FCN eindrucksvoll schändlich,  dass sie sich lieber marodierend an die Gurgel gehen, als sich #handinhand freundschaftlich miteinander zu verbandeln.

Dass die Gemengelage der beiden Parteien mitunter durchaus unterschiedlich ist, beweist dieser Tweet von @2_steffen:

Nach dem Pokal ist vor dem Punktspiel ist vor dem Pokal. Mittiges stand nun an und ich machte mich auf die lange Reise in den Süden, um meine Tuna mit vollem Engagement zu unterstützen.

Schön haben sie es daheim, die Franken. Ein schmuckes Kästchen, genannt Max-Morlock-Stadion (den derzeit namengebenden Sponsor lassen wir mal ausser acht), ungewöhnlich achteckig gebaut, bot sich meinem Blick. Die Kurve der FCN Ultras kann man wirklich als eine solche bezeichnen, sie erstreckt sich über mehrere Blöcke im Unterrang. Über die gesamte Breite der Kurve wehen verschiedene Fahnen des Clubs, ein ausgesprochen hübsches und anschauliches Bild.

Wenn man sich nun ob des Spielverlaufs gepflegt langweilt oder respektive aufregt, beschäftigt man sich lieber mit den örtlichen Gegebenheiten, als mit dem Geschehen auf dem Feld. Die Nürnberger Bratwurst ist weltberühmt, steckt als Drilling in einem Brötchen und schmeckt in der Tat ausnehmend gut.

Ach ja, das Spiel. Man kann die komplette Begegnung eigentlich kurz und knapp so beschreiben:
Unsere gestrigen Spielanteile fasste der wunderbare @hoesel bereits vor einigen Monaten anlässlich einer anderen Partie in diesen Tweets - rangierend zwischen ungläubiger Fassungslosigkeit und nüchterner Resignation- passend zusammen:




Ich muss da mal ganz vehement widersprechen, lieber @hoesel. Wir verstehen uns exzellent auf die Kunst, Freistöße zielgenau in Zwei-Mann-Mauern zu platzieren. Und das sogar mehrfach innerhalb eines Spiels! Top-Könner dieser Disziplin ist immerhin kein Geringerer als Mr-Cojones-Himself Ronaldo, der während der WM das Kunststück vollbrachte, die EIN-Mann-Mauer in Form von PHILIPP LAHM zu treffen. Sapperlot, den sollten wir verpflichten. Also, den Schützen. Wobei ich den Gegelten ja nicht leiden kann. Aber das ist ein anderes Thema,

Liebe Fortuna, ich möchte Dich hier mitnichten der Lächerlichkeit preisgeben, dafür sorgst Du leider viel zu oft selbst - ganz ohne mein Zutun.

Unmengen meines Herzbluts habe ich für Dich gegeben  (das kannst Du gerne in diesem Blog in einer Mußestunde nachlesen), nicht zuletzt in Form eines Tattoos auf meinem Arm, das Deinen Namen in großen Lettern trägt, gestochen von einem überaus reizenden, dauerbekifften spanischen Künstler, der zwar ein Fußballfan eines La Liga Fußballclubs ist, von f95 aber noch nie im Leben etwas gehört hat und der die Worte, die ich ihm vorgab zu stechen, überhaupt nicht verstand und sich vielleicht geweigert hätte, seine Nadel dafür anzusetzen, wenn er gewusst hätte, was sie bedeuten.

Meine Tränen habe ich gestern erfolgreich literweise ausgeschwitzt, dazu hatte ich während der langen und staureichen An- und Abreise zum/ vom Nürnberger Ground ausreichend Gelegenheit. Ihr habt bestimmt auch geschwitzt, wohl vornehmlich im Mittelfeld, als Ihr nach diversen Pirouetten um die eigenen Achse wahlweise über die eigenen Füße oder über einen Gegner gefallen seid. Es muss am schweißgetränkten Rasen gelegen haben, anders kann ich mir das nicht erklären.

Kunstvolle Kapriolen, so gezeigt von Ya Konan, der sich an einem luftigen Hackentrick versuchte, der weder ein Ziel noch einen Abnehmer fand, waren allenfalls unter der Rubrik "unfreiwillig komisch" abzulegen. (Der Herr @sportkultur möge mir meine dilettantische Einschätzung der gezeigten Darbietung verzeihen.)

Trotz allem würde ich achtzehnhundertfünfundneunzig Mal zum Äquator hin und wieder zurücklaufen, ja, auch bei 37 Grad im Schatten, wenn es sein muss, um bei Dir sein zu können, wenn Du die Spielstätten der Republik bereist. Ich würde mich nur einfach gerne mal wieder freuen können, wenn ich Dich auf dem Rasen sehe, denn wie ein Trauerkloß zusammengekauert auf meinem Platz hockend zu verfolgen, wie Deine manchmal doch sehr zweifelhaften Bemühungen im Nirwana versanden, ist auf die Dauer wirklich kein Vergnügen. Und obwohl ich jemand bin, der Kritik an Dir gerne ausblendet, komme ich nicht umhin festzustellen, dass Du Dich derzeit verdient auf einem Platz in der Tabelle befindest, der ganz schön weit weg ist von den Leistungen, die andere Clubs dieser Liga zustande bringen.
Selbst so mancher Drittligist dürfte sich gute Chancen gegen uns ausrechnen, müsste er gegen Dich antreten und wo wir schon dabei sind, mein Lieblingsradiosender @SPORT1.fm beschrieb unseren Erstrunden- Pokalerfolg in etwa so: "Die Düsseldorfer sind auch nur eine Runde weiter, weil Essen zu doof zum Elfmeterschießen war."
Die Wortwahl hätte ich zwar so nicht getroffen, inhaltlich muss ich ihnen aber recht geben. Mit spielerisch überlegener Leistung dem Regionalligisten gegenüber hatte das wenig zu tun.

Immerhin kannst Du eine gewisse Stabilität und Konstanz für Dich verbuchen. Der äußerst geschätzte Fortune @Kaffeerappel sieht das so:

(Gemeint war der f95 Vorsitzende Kall, Anm. d. Red.)

Nun ja. Ich hoffe inständig, Du bist gestern nach der temperaturbedingt heißen und temperamentsbedingt stellenweise hitzigen Tortur (für uns alle) erst in die Eistonne und dann ganz tief in Dich gegangen bist. Du hast haufenweise treue Seelen um Dich herum, die seit vielen Jahren und auch kommende Saisons an Deiner Seite stehen. Den gelegentlichen Unmut über Dich magst Du uns vielleicht verzeihen, denn es ist wahrlich nicht immer leicht mit Dir. Aber auf unsere Liebe zu Dir, so launisch Du auch bist, kannst Du Dich immer verlassen, versprochen! Forza, Fortuna! Für immer #f95 olé!



Zu guter Letzt geht ein ganz besonderer Gruß an @bast190,  den allerliebsten und gutherzigsten Glubberer in meiner Twitter-Timeline. Von Herzen Dank für Deine immerwährende Freundlichkeit, Zuneigung und Empathie!


Fortuna Düsseldorf. Meine Liebe, mein Verein.

Samstag, 29. August 2015

Nebenkriegsschauplätze und Wurststullen. Ein Interview

Anlässlich der Begegnung des 1. FC Nürnberg gegen Fortuna Düsseldorf haben mich die netten Jungs von @clubfans_united zu einem launigen Plausch eingeladen. Das ganze Interview gibts hier: Nebenkriegsschauplätze 





Fortuna Düsseldorf. Meine Liebe, mein Verein.

Dienstag, 25. August 2015

Alsterpark


Ich bahnte mir den Weg durch den Eingang des Parks, folgte dem verschlungenen Weg und plötzlich sah ich sie. Sie stand da, hielt den kleinen, bunten Strauß fest umklammert, ihr weißes Kleid schmiegte sich an ihren Oberkörper und umhüllte sie abwärts der Taille in eine seidig- taftene Wolke. Noch einige Meter trennten mich von ihr und doch erfassten ihre leuchtenden Augen mich bereits. Sie wirkte zart und zerbrechlich und zugleich stark und gefestigt. Die Sonne lugte hier und dort zwischen den Bäumen hervor und tauchte sie in glänzendes Licht und geheimnisvolle Schatten. Sie stand einfach da, bewegte sich nicht, sah mich an und lächelte ein bezauberndes glückseliges Lächeln. Es verschlug mir schier den Atem und ein Knoten aus heraufsteigenden Tränen der Rührung verschnürte mir die Kehle - wie unfassbar schön sie war! Um sie herum gruppierten sich kleine Menschenmengen, die miteinander sprachen und sich zuprosteten. Monets "Frühstück im Grünen" kam mir in den Sinn, als habe er einen Moment wie diesen festhalten wollen, als er es malte.

Schon einmal hatte ich sie so gesehen, beim ersten Mal, als wir uns trafen. Damals trug sie eine Jeans und war gerade aus dem Zug gestiegen, der sie von Hamburg nach Düsseldorf gebracht hatte. Ihre dunklen, rötlichen Locken umrahmten ihr wunderschönes Gesicht, sie sah sich suchend um und unsere Blicke kreuzten sich. Ich war ihr sofort erlegen, voller Charme und Zuneigung wandte sie sich mir zu, obschon sie mich doch noch gar nicht kannte. Sie gehörte zu den seltenen Menschen, die man ohne zu zögern in sein Herz schließt, weil sie das ihre sogleich für einen öffnen.

Dass ihr Besuch meiner Heimatstadt ihr Leben verändern würde, konnte damals niemand ahnen. Dass am Ende dieser schicksalhaften Reise ein Mann mit in einem Tweedanzug, Doc Martens und einem Ring in der Hand unter einem mit Tüll und Blumen verzierten Pavillon auf sie warten würde, hätte sich zu dem Zeitpunkt keiner träumen lassen.

Der Fußball, wie sollte es anders sein, hatte uns im Rheinland zusammengeführt, der FC St. Pauli gastierte dort bei meiner Fortuna und so nahmen wir dies als willkommenen Anlass, uns auf ein gemütliches Bier in der Altstadt zu treffen. Hamburger und Düsseldorfer, bunt gemischt, saßen am Tisch beieinander, jenem Tisch, an dem sich auch der Mann einfand, der später der ihre sein würde. Ein ruhiger Zeitgenosse, weder laut noch aufdringlich, ein Mensch der leisen, feinen Töne. Vielleicht verliebte er sich Knall auf Fall in sie, in diese quirlige, lebendige und herzenswarme Schönheit. So, wie ich es getan hatte.

Nun, Monate später, standen sie dort im Alsterpark, bereit, ihren Weg gemeinsam zu gehen, nie mehr voneinander getrennt zu sein, für immer vereint, füreinander bestimmt. Ich versuchte sie zu betrachten, während mein Blick glasig verschwamm und ich erneut ergriffen mit den Tränen rang. Ich sah die elfenbeinfarbene Blume in ihrem dunklen, kunstvoll aufgesteckten Haar und manchmal drehte sie ihr Gesicht lächelnd zu uns um, die wir im Halbkreis angeordnet hinter dem Paar saßen. Nur halb nahm ich wahr, was während der Zeremonie gesprochen wurde, aber ich vernahm ihrer beider "Ja", deutlich und kraftvoll. In tiefstem Vertrauen und erfüllter Liebe wandten sie sich einander zu, steckten sich die Ringe an und küssten sich innig.

Glücklich, dankbar und ein bisschen stolz dachte ich daran, dass meine Stadt und ich ein winziges Rädchen auf ihrer Reise und ihrer Geschichte waren und ich sie einen kleinen Teil ihres Weges begleitet hatte. Von weither waren sie gekommen, hatten viele Stationen ihres Lebens hinter sich gelassen. Den Ruhrpott hatten sie gesehen, aber auch Franken und sogar New York. Aber erst in Düsseldorf fanden sie zueinander. Und auf St. Pauli schlagen ihre Herzen nun im Gleichtakt, für immer.

Meine Stadt soll mein Geschenk für sie sein. Ich lege sie ihnen zu Füßen und umarme Beide an ihrer statt, wenn sie mich einmal besuchen kommen.


Für Astrid und Tobi.

                                                                                     (c) @rim_light

Samstag, 25. Juli 2015

A boy next door


Als Kind der Zweiten Liga bin ich ja solide Hausmannskost gewohnt. Hier findet sich hauptsächlich der schnörkellose Spielertyp wieder, eher mit Hang zur Grobmotorik denn zu feinster Filigrantechnik.

Aber manchmal, da mache ich einen kleinen virtuellen Ausflug und schaue über den heimischen Schüsselrand hinweg in ein Stadion voller Größe und Imposanz, ganz so wie ein Kind, dass sich mit sehnsüchtigen Augen die Nase an einem Schaufester die Nase platt drückt, weil dort Dinge feilgeboten werden, außerhalb jeglicher Reichweite, aber von vollendeter Schönheit und ein Begehren weckend, das ins Unermessliche reicht.

Der Eine, der da seine Kunst ausübt, in diesem ehrwürdigen Stadion, der kommt so unscheinbar daher, dass man ihn fast übersehen könnte. Er wirkt, als habe er in der Schule irgendwo auf einem der hinteren Plätze gesessen, wenig beachtet, in sich gekehrt, manchmal schüchtern lächelnd, meist aber still. Kein Poser, kein Leader, den man bewundert, mit dem man befreundet sein will, dessen Aufmerksamkeit man sucht oder dem die Schulballköniginnen ihr Herz schenken. Vielleicht ist es damals schon aufgeblitzt, dieses Talent, das ihm in die Wiege gelegt wurde und ihn später zu einem einzigartigen Solisten werden ließ. In seinen jüngsten Jahren war er aber vermutlich nur einer von vielen, die voller Leidenschaft jede freie Minute mit einem Ball kickend verbrachten. Eiin argentinischer Junge, der der Tradition seines Landes gemäß den Volkssport Fußball bereits mit der Muttermilch aufsog.

Heute, viele Jahre später, steht er auf der Weltbühne Fußball. Er sammelt Rekorde, Tore und Titel, wie andere Panini Bildchen. Noch immer ist er klein und erweckt den Eindruck, er sei er irgendein No Name, ein unscheinbarer Spieler, den man vielleicht mal ab und an von der Bank einwechselt, weil einer der Stars verletzt pausieren muss. Selbst wenn er zur Wahl des Weltfußballers antritt, steht er in einem Jacket auf der Bühne, das aussieht, als habe seine Mutter es ihm herausgelegt und ihm die Worte "Junge, das wird im Fernsehen übertragen, da musst Du Dich ordentlich anziehen, was sollen denn die Leute denken!" mit auf den Weg gegeben. Und noch immer wirkt er schüchtern, fast ein wenig linkisch, das Lächeln unsicher, die Körperhaltung lässt erahnen, dass ihm seine eigene Anwesenheit irgendwie unangenehm ist.

Das Spielfeld, der Rasen. Das ist sein Zuhause. Dort blüht er auf, kann das zeigen, was er kann: Fußball zelebrieren, hochkonzentriert und auf das Wesentlich reduziert. Er braucht keine Attitüde, keinen roten Teppich. Er braucht nur einen Ball. Zuweilen scheint das Team um ihn herum nur Staffage zu sein, zehn Mann, die dabei zusehen, wie der elfte den Ball ins Tor bringt. Das ist bei einem Mannschaftssport wie Fußball nun eigentlich nicht der Sinn des Ganzen. In seinem Fall scheint das aber normal zu sein, seine Mitspieler huldigen ihm, die Massen der Zuschauer ebenso. Sie rufen seinen Namen, wieder und immer wieder, verbeugen sich und ehren ihn. Und dieser kleine Mann dankt es ihnen, wie ein Houdini zaubert er den Ball über das Spielfeld, virtuos umtanzt er seine Gegenspieler mit kleinen, schnellen Schritten. Mit den Augen können sie ihm folgen, mit den Füßen nicht, zu behänd sind seine Bewegungen, Gedanken, Blicke, wechselnde Tempi, Haken, Täuschungen, Richtungswechsel, alles beherrscht er in Perfektion, er denkt den Fußball, er fühlt ihn, er füllt ihn mit Leben, lässt eine einfache Lederkugel zu einem Kunstwerk werden, einem Instrument, dessen Saiten und Tasten Töne hervorbringt, deren Klang andere nicht mal wahrnehmen können. Und doch gelingt ihm all das so spielerisch einfach, als müsse er sich gar nicht anstrengen. Er ist der Eine, der sein Handwerk versteht wie sonst niemand. Der Meister seines Fachs, den es nur einmal gibt, gleich einem Mozart oder einem Einstein.

Dieser Junge, so schlicht und unscheinbar er ist, bringt Zuschauer zur Ekstase und Kommentatoren zum Rasen. Letzte überschlagen sich bei den Versuchen, seinen Namen so oft und so schnell wie möglich hintereinander auszurufen. Nein, nicht nur, wenn er ein Tor geschossen hat, sondern auch jede, aber auch wirklich jede Ballberührung wird gefeiert und bewundert. Er ist das Spiel, Er ist die Mannschaft. Man kann das durchaus übertrieben finden, Liebhaber seiner genialen Virtuosität aber geraten nur zu gerne in Verzückung um seine Person.

Dabei passt dieser Superstar eigentlich so gar nicht die übliche medientaugliche Schablone. Weder ist er ein Beckham look-alike, noch ein klassischer Bad Boy. Seine kürzlich öffentlich gezeigten Arm-Tattoos haben ein bisschen was von Abziehbildchen, als sei er damit eines Tages nach Hause gekommen und habe trotzig gesagt: "Mama, alle haben das jetzt." Und auch der wohl vom brasilianischen Enfant Terrible Teamkollegen abgeguckte Undercut, den er neuerdings trägt, wirkt eher unfreiwillig komisch, als dass er der Imagepolitur zuträglich ist. Er ist weder ein Hollywood Beau, noch hat er ein gewinnendes Zahnpasta-Lachen.

Aber er ist das Sahnebaiser auf dem Kuchenteller, die Coco der Couture. Sein Spiel ist das Labsal für die Augen wie einst der Met für die Kehle der Wikinger. Er beherrscht die Fußballwelt, er ist die Hand, geführt vom Fußballgott höchstselbst. Seine Schönheit offenbart sich auf dem Platz. Neben ihm verblassen sie alle, die Selbstdarsteller, die Mitläufer, die Möchtegern-Megas. 

Millionenfache Erwartungen lasten auf seinen schmalen Schultern, zuweilen die einer ganzen Nation. Nicht immer kann er sie erfüllen, dann überzieht eine Traurigkeit sein Gesicht, dass man ihn sogleich in den Arm nehmen und trösten möchte. Längst ist er im Olymp angekommen und hat nahezu alles erreicht, aber dennoch verlangt es ihn nach mehr, nie wird er müde das nächste große Ziel anzuvisieren und zu erreichen, Spiel um Spiel.

Schießt er ein Tor, legt er den Kopf in den Nacken, winkelt die Arme an und reckt die Zeigefinger hoch gen Himmel und dankt seinem Schöpfer, dessen Gnade ihm so überreich zuteil wurde.

Brächte ich ihn mit nach Hause, würde meine Mutter vermutlich sagen: "Ach, ist das nicht der Junge von nebenan, der ab und zu drüben auf dem Bolzplatz kickt? Wie nett, bring ihn doch mal öfter mit." Und dann lächelte er. Sein schüchternes, schelmisches Lächeln.


Donnerstag, 9. April 2015

Das Herz von St. Pauli


Der Morgen tief im Westen war grau und verhangen. Die Tasche gepackt, das Trikot- obschon ich es würde verstecken müssen- verstaut, bereit, den Weg in den Norden anzutreten.

Die Straßen führten mich beinahe schnurgerade bis hin zum Elbtunnel. Die Lastkräne, soweit das Auge reichte, reckten ihre Arme in den Himmel, schienen mich wie stets willkommen zu heißen, luden mich ein näher zu kommen, einzutauchen in das imposante Stadtbild, die Großzügigkeit der Straßen, das funkelnde Wasser zur Linken und zur Rechten.

Ich fand mein Hotel, ließ den Blick umherschweifen, schier endlos schien der Hafen zu sein, das Blau der Elbe konkurrierte mit dem wolkenlosen Himmel und die warme Ostersonne tauchte das quirlige Geschehen am Ufer in gleißendes Licht.

Ich stärkte mich mit einer kleinen Mahlzeit, saß auf einer hölzernen Terrasse, sog die Gerüche des Flusses in mich auf und genoss die Ruhe und den Frieden, die mich ergriffen.

Es wurde Zeit, sich auf den Weg zu machen, dorthin, weshalb ich gekommen war, zum Millerntor, der Heimat des FC St. Pauli. Das Match der Kiezkicker gegen meine Fortunen stand an und ich freute mich unbändig darauf. Das Aufeinandertreffen der beiden Mannschaften zählte zu meinen Lieblingsbegegnungen jeder Saison, dazu noch an diesem besonderen Ort. Das Millerntor ließ sich mit keinem anderen Stadion vergleichen, das ich kannte.

Nirgends sonst -außer zuhause- bekam ich Gänsehaut bei der Einlaufmusik. Nur dort wurde zu Ehren des Gastes vor Spielbeginn dessen Stadionhymne gespielt. Eine einzigartige und wunderbare Geste!

Schon immer war es mein großer Wunsch gewesen, einem Heimspiel der St. Paulianer beizuwohnen, um diese großartige und berauschende Atmosphäre dort mit ihnen zu erleben und zu teilen. Vielleicht hätte ich mir aber nicht unbedingt die Partie aussuchen sollen, in der wir Fortunen die Gegner waren. Nur der beharrlichen Mühe einiger sehr lieber Menschen hatte ich zu verdanken, dass ich an diesem Abend überhaupt dort stehen konnte, denn das Spiel war im Vorfeld binnen weniger Minuten ausverkauft, an Gästekarten nicht zu denken und dass man mir dennoch 2 der überaus begehrten und verzweifelt gesuchten Heimkarten überließ, war ein Geschenk, für das ich gar nicht genug danken konnte!

Ich hatte nicht allzu große Hoffnung auf ein für uns positiv zählbares Ergebnis, wusste ich doch um die kämpferisch auftretenden Hamburger, deren Ausgangslage auf Platz 18 gar keine andere Möglichkeit zuließ, als wirklich alles in die Waagschale zu werfen, was Körper und Geschick hergaben, um sich dem bis dato Tabellensiebten entgegenzustemmen und ihm die lebensnotwendigen Punkte abzuringen.

Diese Bemühungen fruchteten auch recht schnell und das erste Tor für St. Pauli klingelte im Kasten. Tja, und dann? Dann verselbstständigte sich das Geschehen auf seltsame Weise und überrollte mich, als stünde ich mit unsicheren Füßen auf einem Surfbrett im Angesicht einer riesigen Monsterwelle, die auf mich zu rast und mich unter sich begräbt. Tor um Tor fiel, in teils bizarrer Entstehung und mich erfasste ein Entsetzen, das mir die Sprache verschlug.

Stimmen und Schreie umgaben mich, Gesang, Gejubel und frenetische Begleitung jeder einzelnen Ballberührung der Braun-Weißen. Heimkurve, Gerade und Gegengerade trugen ihre Jungs geradezu über das Spielfeld, als entfesselten sie sich gegenseitig, es schien, als wüchsen die Spieler über sich hinaus, einzeln und im Verbund. Immer mindestens einen Schritt schneller als der Gegenspieler, wendiger, ideenreicher, kämpferischer, mutiger und spritziger. Sie düpierten den derangierten Gast aus dem Westen, deklassierten ihn und ließen ihn stehen, als bestünde er nicht aus lebendigen Spielern, sondern aus Trainingspöllern und Pappmachéfiguren.

Mein Verein ist kein erfolgsverwöhnter, Niederlagen gehören bei uns zum Alltag. Niemand, den ich kenne, nimmt es krumm, wenn es mal nicht hinhaut und keine der sämtlichen Bemühungen fruchten. Aber dieser Verein definiert sich hauptsächlich über Kampf, Hingabe und Leidenschaft. Nichts davon war jedoch auf dem Rasen zu sehen. Es erschien mir wie ein kopfloses Ergeben in eine Lage, die man ja sowieso nicht ändern kann. Nicht das kleinste Bisschen lief zusammen, die Spieler ergingen sich in unfruchtbarem Stückwerk, an Teamarbeit - einer für und mit dem anderen - gepaart mit einem Minimum an Spielübersicht, mangelte es vollständig, der bereits in vergangenen Partien gezeigte Slapstick gesellte sich wiederholt dazu. Ich erkannte weder ein taktisches Grundprinzip, noch konnte ich die Wechsel nachvollziehen. Das mag an meinem fehlenden Sachverstand liegen, aber das einzig zählbare, was in der Folge zustande kam, waren Fehlpässe und missglückte Ballannahmen.

Da stand ich nun, mitten im Herzen von St. Pauli. Es pulsierte, schlug lauthals wie wild und voller Leben. Es tanzte voller Übermut und seine pure Freude ergoss sich über mich und tobte um mich herum, während das meine blutete und weinte.

Starr, stumm und erschüttert stand ich mittendrin und fühlte mich vollkommen hilflos und einsam. Die Hände tief in die Jackentaschen vergraben ballte ich sie zu Fäusten und schluckte unentwegt, um die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. Und ich beschloss zum ersten Mal in meinem Fandasein etwas zu tun, das ich zutiefst verabscheute. Ich ging.

Entließ mich selbst in die dunkle Nacht, in eine gespenstische Stille nach all dem Lärm und der grenzenlosen Heiterkeit. Ich schlich meinen Weg zurück ins Hotel, Schritt für Schritt setzte ich einen Fuß vor den anderen und fragte mich: "Warum?"

Es war nicht die Niederlage als solche, die mir zu schaffen machte, sondern die Art, wie sie zustande gekommen war.

Fühlten sie denn nicht, was ich fühlte, jeden Spieltag aufs Neue, immer gleich und doch nie Routine, das aufgeregte Kribbeln im Magen, die Spannung, den erhöhten Pulsschlag, die Stunden und Minuten zählend bis zum Spielbeginn? Waren sie denn nicht wie ich mit Stolz und Ehrfurcht erfüllt, wenn sie ihr - unser - Trikot überzogen, in Gedanken bei ihrem - unseren - Verein? Waren sie denn nicht bereit immer alles zu geben, auch wenn bereits feststand, dass wir weder auf- noch absteigen würden? Waren sie nicht mit dem Herzen dabei, so wir wir, die sie begleiteten von Ground zu Ground?

Hatten sie denn schon mit diesem Verein abgeschlossen, ihn in Gedanken bereits verlassen und war es ihnen egal, wie sie uns zurückließen, uns, die diesen Verein liebten, die ihm die Treue hielten und die sich ihm verschrieben hatten, vielleicht sogar ein Leben lang?

Ich fand keine Antworten. Ich warf einen letzten Blick auf die Elbe, auf der das Mondlicht in dieser schwarzen Nacht glitzerte. Schaltete den Fernseher ein, über den Screen flimmerte der Titel des Spiefilms, "Stirb langsam", Teil IV.

Damit war wohl alles gesagt.

Längst bin ich wieder zuhause, noch immer ratlos ob der Geschehnisse. Mein Trikot hängt an seinem angestammten Platz, wie immer zwischen den Spieltagen, auf dem Bügel am Kleiderschrank, dort, wo ich es als erstes hinsehe, wenn ich morgens aufwache und als letztes, bevor ich einschlafe. Jedes Mal, wenn ich es ansehe, durchströmt mich ein Gefühl der Wärme. Manchmal lächle ich es an. Ich lese meine Heimatstadt und den Namen einer meiner Lieblingsspieler darauf, die auf die Rückseite geflockt sind. Sein Rot leuchtet mir entgegen und erfüllt mich mit inniger Zuneigung. Es gehört zu mir und ist ein Teil von mir. Kein Misserfolg kann daran etwas ändern.

Noch einmal dachte ich an das Herz von St. Pauli. An die Menschen dort, die ihren Verein nicht minder lieben, als ich meinen. Die vermutlich denselben Stolz spüren, wenn sie ihr Trikot oder ihren Schal tragen. Denen ich nichts sehnlicher wünsche, als dass sie unserer Liga erhalten bleiben.

Für meine Fortuna erhoffe ich mir, dass sie es irgendwie schafft, das Restprogramm der Saison mit Anstand über die Bühne zu bringen. Ich erwarte keinen brasilianischen Zauberfußball und kein Wunder von Düsseldorf, aber ich wünsche mir, dass sich die Jungs nicht kampflos ergeben und es über sich ergehen lassen. Denn das hat unser Verein nicht verdient.


Zum Schluss noch von Herzen ein ganz besonderer Gruß an @astiae@doc_Zook@Hollywood20359 und @mirnein. Danke, dass Ihr für mich da wart! <3







Fortuna Düsseldorf. Meine Liebe, mein Verein.


Sonntag, 22. Februar 2015

Freunde zu Gast - Glubbylicious

Eigentlich gibt es keine Fanfreundschaft zwischen dem 1. FC Nürnberg und meiner Fortuna aus Düsseldorf. Also, zumindest keine offizielle. Eigentlich. Aber seit Twitter ist ja alles ganz anders. Man lernt Fans anderer Vereine kennen, die einem eben jene nahe bringen, mit denen man an sich gar nichts zu tun hat. So ging es mir mit dem FCN, liebevoll auch Glubb genannt. Seine Kurve, aus der Ferne bewundert, ohne je dort gewesen zu sein, mochte ich schon immer gerne. Er gehört zu den Vereinen, dessen Fans nicht nur massenhaft reisefreudig, sondern auch ausgeprägt leidensfähig sind. Ein Jahr nach uns hatte er den bitteren Weg des Abstiegs aus der ersten Bundesliga gehen müssen und kämpfte nun Seite an Seite mit uns darum, irgendwann auch wieder zurück nach oben zu finden.

Dieses "Seite an Seite" bezeichneten einige seiner Fans und ich auch gerne als "Hand in Hand", das sogar tatsächlich aus der Zeit stammte, als sie noch im Oberhaus tätig waren und wir den Gang in Liga Zwo antraten. Offenbar nahmen sie das wirklich ernst, denn sie folgten uns wie besagt und nun trafen wir erneut aufeinander, diesmal sozusagen auch exakt auf Augenhöhe, als direkte Tabellennachbarn.

Allzu viel Hoffnung auf etwas Zählbares machte ich mir nicht, wiesen wir doch eine eklatante Heimschwäche auf, die sich zuletzt gegen Erzgebirge Aue erneut eindrucksvoll bewiesen hatte (mit denen wir, wie ich hörte, tatsächlich eine Fanfreundschaft pflegten, was die Veilchen aber herzlich wenig interessiert hatte, hatten sie uns doch eiskalt abgezockt und die Punkte einfach mit nach Hause genommen, also ehrlich echt jetzt mal, Sauerei, das!).

Funfact am Rande: Unser diesjähriges Heimtrikot ist wie immer im üblichen Fortuna-Knallrot, abgesetzt mit Weiß, gehalten. Das offizielle (sehr geile) Mannschaftsfoto hingegen wurde offenbar gephotoshopt, die Farbgebung der Trikots erinnert beim (flüchtigen) Darüberschauen an das eher in Bordeaux-Rot gehaltene Trikot der Glubberer.



Der Spieltag an sich ließ sich gut an, das Wetter zeigte sich von seiner annehmbaren Seite, all meine Lieben waren in der Arena versammelt, sogar mein Lieblingsultra hatte nach Langem endlich wieder Zeit gefunden, unsere Forteng hüpfend und aus voller Kehle Liedgut schmetternd, zu unterstützen. Die derbe Heimpleite des letzten Wochenendes hatte ich einigermaßen erfolgreich verdrängt, immer im Vertrauen darauf, dass es doch irgendwann wieder besser werden muss, nach Wochen der sich häufenden Fehler, verpasster Chancen, Leistungseinbrüchen und schwankenden Mannschaftsauftritten.

Die Partie begann schwungvoll und temporeich. Meine Fortunen hatten sich offenbar vorgenommen, das desolate Debakel des letzten Spieltags vergessen zu machen und kämpften um Meter und Bälle, als gälte es, den einstmals inne gehabten Titel "Zuhause eine Macht" mit Willen und Kampfeslust zurückzuerobern. Trotz üblicher Fehlpässe und individueller Unzulänglichkeiten gefiel das in der Gesamtheit und obwohl die erste HZ torlos blieb, weil sich die Glubber ihrerseits bemühten, ihr Spiel zu machen und sich die Mannschaften dadurch quasi neutralisierten, keimte das zarte Pflänzchen der Hoffnung, es möge heute doch irgendwie möglich sein, Heimpunkte zu ergattern.

Die zweite HZ begann dann eher etwas trödelig, man hatte sich mit den Glubberern offenbar darauf verständigt, das Tempo ein wenig zu drosseln, schließlich hatte man ja nicht nur die heiße Garde der Jungen Wilden auf dem Rasen, sondern auch gestandene Größen wie Pinola und Pinto, von denen ich persönlich ja dachte, dass sie sich ihrem Naturell entsprechend mindestens kartentiefrot geahndet ineinander verbeißen würden. Taten sie aber erstaunlicherweise nicht, vielleicht macht Alter ja doch milde und ein bisschen weise. Überhaupt kam mir das Spiel, insgesamt betrachtet, sportlich gesehen unerwartet erfreulich fair vor. Vergangene Begegnung dieser beiden Clubs hatten gerne mal mit einer Kartenflut und unschönen Kampfszenen auf dem Feld geendet, das blieb diesmal aus. Die Glubberer erwiesen sich als der erwartet starke Gegner, der sich weder mit Schauspieleinlagen noch mit unnötigen "Liegezeiten" hervortat.

Die Minuten flossen dahin und beim immer noch geltenden Stand von 0:0 dachte ich bei mir, eine unentschiedene Punkteteilung wäre dem Spiel angemessen, oder aber, wer das erste Tor schießt, gewinnt. Wir schossen, schubsten, also brachten den Ball dann irgendwie tatsächlich ins Tor des Gastes, in Gestalt des Icemans Pohjanpalo, der ja gemeinhin wenig darüber nachdenkt, wie er das zu machen hat, als dass er es einfach irgendwie macht (an dieser Stelle ein lieber Gruß an den wunderbaren Jimmy Hoffer, das mit dem Pfosten war Pech und ansonsten, Du musst es nicht schön machen, nur rein, egal, wie es aussieht).

Da gehste zuhause in Führung, freust Dich wie Bolle und hast das Gefühl, dieses Mal, in diesem Spiel, muss es einfach passen. Bist noch selig im Torjubel, guckst auf die Uhr, Mist, noch 20 Minuten zu gehen. "Frühe" Führungstore zu verteidigen, ist ja nicht so der Fortunen Stärke. Und so kam es, wie es kommen musste, die Gäste bescherten uns zeitnah den Ausgleich. As said, leistungsmäßig bis dahin ausgeglichen, hätte ich den einen Punkt gerne genommen

Tja, was soll ich sagen. Meine Tuna war offenbar so konsterniert ob des Gegentreffers, dass sie gleich mal komplett den Spielbetrieb einstellte. War man zuvor noch um Gewinn der Zweikämpfe bemüht, ließ man nun Köpfe und Arme hängen. Der Glubb nahm das gerne an und netzte erfolgreich zum zweiten und dritten Tor ein.

Unseren Ultras blieb vor Schreck das Lied im Halse stecken und ich blickte in ratlose und enttäuschte Gesichter um mich herum. Sah mal einmal mehr massenflüchtige Fans die Tribünen verlassen. Kämpfte selbst mit den Tränen. Soviel gewollt, so wenig Ertrag. Am Schluss gedemütigt, mal wieder.

Wie immer litt ich mit ihnen. Ich sah sie sich verzweifelt gegenseitig abklopfend Mut zusprechen, sich im Kreis zusammenfindend, einige Wenige fassten den Mut, sich der Kurve zu stellen, sie applaudierten dankend denjenigen, die nicht protestierend gepfiffen, sondern unbeirrbar zu ihnen gehalten hatten.

Ja, manchmal war es schwer zu ertragen. Für sie, für uns. Ich sitze hier noch immer mit meinem Trikot, auf dem der gescholtene Liendl geflockt ist, und schreibe diese Zeilen. Ich liebe meinen Verein und werde immer zu ihm halten, egal was passiert. Mögen wir uns mit Dreck statt Ruhm bekleckern, ich würde niemals tauschen!

Ein Wort noch zu den Glubberern: Ihr wart ein grandioser Gast, zahlreich und stimmstark. Kommt bitte wieder!



Fortuna Düsseldorf. Meine Liebe, mein Verein.